Blogger, das sind ja diese Menschen, die chronologisch abwärts sortiert ihre Meinung zu spezifischen Themen kundtun und dies als Tagebuch auf einer Website posten. Nun ja, ich gehöre ja auch dazu, wenngleich mein Schreibzyklus manchmal mehr mit einem Monatsbuch zu vergleichen ist. Die Blogging-Tätigkeit an sich findet meist im stillen Kämmerlein statt (Blogger & Notebook unter sich), viel spannender ist die Recherche vor Ort und der Austausch.
Und ein solcher fand am 3. & 4. Juni für ein paar Camping-Blogger in Rheda-Wiedenbrück statt. Camping-, in Abgrenzung zu Reisebloggs, sind Internetpublikationen zu Ausstattung, Tätigkeit und Standort des Zeltes, Wohnwagens und Reisemobilreisens während die Reiseblogger sich mehr auf den Reiseverlauf konzentrieren. Niemand schreibt reinrassig sondern hat persönliche Schwerpunkte und daher möchte ich heute ein paar nette Kollegen vorstellen. Einige kenne ich schon länger, denn man trifft sich auf Messen, telefoniert miteinander oder tauscht sich beim Bier aus. Schaut gerne auf ihre Websites, denn zu unserem letzten Freund werden sie alle etwas geschrieben haben.
Armando und Mel Constantino sind ein italienisch-amerikanisches Ehepaar, dass seit vier Jahren ohne festen Wohnsitz mit ihrem Westfalia T4 namens „Mork“ in Europa unterwegs ist. Ohne festen Wohnsitz und als digitale Nomaden arbeitend (Video- und Fotograf sowie Texter) beherrschen sie die Kunst des „van life“. Auf der Website westfaliadigitalnomads.com berichten sie über ihre Reisen und das wo andere Reisemobil-Traveller dort Hilfreiches vorfinden. Welch hohen Professionalisierungsgrad die beiden in Videoproduktion (inkl. Postproduction) in dem kleinen T4 zustande bringen, find ich überaus beeindruckend.
Isabell Speckmann alias Isa fährt mit „Omi“, einem 15 Jahre alten Detleffs Alkoven sowie dem Hund Milla durch Deutschland und Europa. Der Blogschwerpunkt bei IsasWomo liegt auf der Alleinreise, aber auch Reisen mit Hund, Stellplatztipps und Tipps zum Camping sind dabei. Beneidenswert wie viel die junge Frau so unterwegs ist.
Tanja Klose alias Takly berichtet sehr ausführlich unter taklyontour von ihren weltweiten Reisen. Der Bericht ist stets nicht nur über die Reise sondern zudem die Planung und Vorbereitung. Wer soviel wie Tanja knippst, kann auch mit Fotografietipps und umfangreichen Fotogalerien aufwarten. Unterschiedlichste Reisemobilurlaube sowie Camping-Life werden von ihr so detailliert recherchiert, dass sie mit einigen Empfehlungen aufwarten kann.
Nele und Jalil Landero sind die shooting stars der jungen Camping- und Reise-Blogging Szene. Ihr Blog CamperStyle ist zwar erst seit Januar 2015 am Start, aber weil inzwischen die beiden hauptberuflichen Journalisten und Fotografen so viel facettenreiches zusammengetragen haben und dabei noch von der bayrischen Landeszentrale für neue Medien gefördert werden, haben die alteingesessenen Fachprintmedien Angst ernsthaft um Marktanteile. Schwerpunkt ist der Camping-Lifestyle. Caravan-Einsteigertipps, persönliche Begegnungsberichte mit außergewöhnlichen Nomaden sowie der erfrischende Schreibstil lassen das Lesen nie langweilig werden. Die beiden sind (fast) überall – immer wenn ich etwas Neues entdecke, waren die beiden schon da. P.S. Dennoch treffen wir uns gerne.
Volker Krause schreibt mit Claudia in UMIWO, welche Erlebnisse er unterwegs mit dem Wohnmobil in nun 583 Reisetagen gesammelt hat. Ausführliche Tests und Recherchen speziell zu Internetempfang, Stellplatz-Apps und Sicherheit sind sein Schwerpunkt. Weil er aktuell im Westfalia Columbus unterwegs ist, brachte er wohl die größte technische Erfahrung für unserem letzten Freund zum Bloggertreffen mit.
Gabi und Gunter Reichert schreiben unter 5Reicherts als Familiencamping-Blogger über das Reiseleben zu fünft. Seit 2000 sind die Fotografen und Reisejournalisten weltweit mit drei Kindern/Teenagern teils monatelang unterwegs. Als „Selbstlerner bis zum Abitur“, über Reiseziele aber hautsächlich Fotos und Fotokalender sind der Schwerpunkt der Website.
Es war schon interessant eine gleichgesinnte, 5-köpfige, schreibende Familie zu treffen, wenngleich unsere Themen sich nur teilweise überdecken. Und es zeigt, dass man sogar weit mehr Zeit pro Jahr im WoMo verbringen kann, als wir 5 Revolutionäre es tun.
Thorsten Heuel berichtet als Dr. Camp über Business und Familiencamping. Seine Palette von Reiseberichten, Campingplatzempfehlungen und Techniktest ist sehr breit. Mit seinem Strohhut und seiner redseligen Art ist Thorsten gerne auch als Podiumstalker auf Reise- und Camping-Messen unterwegs.
Nun hat er sein Hobby zum Beruf gemacht. Als Sales Manager für Westfalen Mobil GmbH hat er uns nun zu seiner neuen Wirkungsstätte und Freunden eingeladen.
Götz Rutenkolk und Matthias Hebeler sind Vertriebsleiter und Pressesprecher der Westfalia. Und dabei setzen sie mittlerweile mehr auf über das Internet informierte Kunden/Interessenten als die klassischen Printmedien. Im Zuge der „Neuheitenwoche“ lud die Westfalen Mobil GmbH daher nicht nur Händler und die Fachpresse ein sondern auch uns Blogger. Westfalia hat eine lange Historie bei Reisemobilen und inzwischen über eine halbe Million Ausbauten produziert. 1951 startete der erste modular aufgebaute VW Bulli, die große Stückzahlen wurden über OEM-Partnerschaften mit VW, Ford und Mercedes-Benz produziert. Namen wie James Cook, Sven Hedin, Joker, California, Nugget, Marco Polo und Florida sind allesamt Westfalia-Modelle aus der Zeit von 1977 bis zur Insolvenz 2010. Seitdem war an Werksbesichtigung kaum zu denken, Reisemobilclubs wurde der Geburtsstätten-Besuch ihrer Fahrzeuge verwehrt.
Umso interessanter fand ich, nicht nur als ehemaliger Besitzer eines VW LT Florida sondern als Prozessmanager im Maschinenbau, die Offenheit und Auskunftsfreudigkeit der Mitarbeiter in ihrem Betrieb. Nach dem Neustart in 2011 begann man zuerst ohne Händler, nun umfasst das Händlernetz nicht nur 22 deutsche Vertrags- und Servicepartner sondern auch mehr 50 Fachhändler in 11 europäischen Ländern. Die Fertigung der jährlich 500 eigenen Fahrzeuge teilt sich Rheda-Wiedenbrück mit dem Mutterkonzern Rapido in Frankreich. Jule Verne und Keppler werden beispielsweise dort gefertigt. Hinzu kommt das jährlich 4000 Fahrzeuge umfassende OEM-Geschäft mit Mercedes und Ford, für die der Marco Polo und Nugget am Fließband gefertigt wird.
Wie fließt ein Kastenwagen durch die Fertigung in einem Unternehmen mit 270 Mitarbeitern und einem Umsatz von 80 Millionen Euro? Klar gibt es deutliche Unterschiede zu den hochautomatisierten PKW-Fertigungsbändern, aber das Grundprinzip der Fließfertigung ist gleich. In der „Lärmkammer“ werden je Fahrzeug Blechteile aus dem angelieferten Kastenchassis mit Schablonen ausgeschnitten. Die Einbauten der Rohfahrzeuge sind fest definiert, ein Grund wieso ein Kunde kein eigenes Fahrzeug erwerben und anliefern kann. In zwei Linien werden die OEM-Fahrzeuge alle 38 Minuten zum nächsten Montageplatz weiterbewegt. Über 20 mal arbeiten unterschiedliche Montageteams im Zweischichtbetrieb am selben Fahrzeug. Nur so lässt sich eine kostengünstige Fertigung erreichen. Die Varianten der OEM-Modelle sind geringer als die Eigenprodukte, doch fast jedes Fahrzeug ist individuell und unterschiedlich in Farbe und Ausstattung.
So müssen auch die vormontierten Komponenten in richtiger Anzahl und für das vorbestimmte Auto am Montageplatz verfügbar sein. Die Fertigungstiefe dieser Teile ist für Möbelelemente, Sitze und die GFK-Dächer noch recht hoch, einige stammen aus Zulieferbetrieben in Rheda-Wiedenbrück. Leider durften wir in der Fertigung selbst nicht fotografieren. Am interessantesten fand ich die hochautomatisierte Doppel-GFK-Presse, die einerseits das Nugget-Hubdach und anderseits das Marco Polo-Aufstelldach im Dreischichtbetrieb produziert. Das GFK-Dach des Club-Jokers dagegen wird ganz klassisch und in Handarbeit Lage für Lage mit Harz und Glasfasermatten in Form gebracht. Und daran versteht man auch den Preisunterschied zwischen Fahrzeugen aus der Fließfertigung und anderen aus der Manufaktur. Während der letztere Begriff für deutsche Handwerkskunst und Individualausbau (und es gibt noch etliche Manufakturen mit noch nicht einmal einer Jahresproduktion von 100 Fahrzeugen) wird mit steigender Losgröße das Einkaufsvolumen der Zulieferkomponenten so groß, dass sich Mengenrabatte bemerkbar machen.
Und nach den Fertigungsdetails ging es dann auch zu den Endprodukten, den aktuellen Fahrzeugen. Mich interessierten vor allem die auf dem Ducato basierten Kastenwagenmodelle. Gut fand ich die Idee der querstehenden Fahrradgarage. Klappt man das Doppelbett halb hoch, so kann auf der Breite von 185cm das Bike quer in das Heck gestellt werden. Gerade für ein teures Rad eine gute Diebstahlsicherung. Gaskasten und Frischwassertank sind dadurch nach vorne aufgerückt.
Prima auch die Idee mit dem vorderen Doppelbett. In den zwei Breiten 90cm und 110cm wird aus der Doppelsitzbank ein Bett. Nicht wie bei den meisten anderen Modellen aus Polsterteilen zusammengeflickt sondern als nahezu zusammenhängende Liegefläche faltet sie sich aus beim nachvorneklappen der Rückenlehne. Mit sehr wenigen Griffen bietet sie oberhalb des umgedrehten Fahrersitzes Platz für zwei Kinder oder schmale Erwachsene. Tagsüber könnte man sogar das Spannbettlaken auf der Matratzenunterlage lassen, denn sie verschwindet ja hinter dem Sitz.
Die Modelle von Westfalia sind schick und robust, doch leider wird man auf absehbare Zeit kein H3-Dach in das Programm nehmen, um so den notwendigen Raum für mehrköpfige Familien anzubieten. Eine Fünfsitzplatzlösung ist so nicht unterzubringen, auch das Schlafen zu fünft lässt sich nicht realisieren. Doch meine Freude fand ich im Detail. Der Platz für den Schirm, die nasse Wäsche oder die durchdachte Anbringung der Hecktürentriegelung zeigt auf, dass sich der Hersteller auf die Rückmeldung von uns Campern bemüht, um die Autos noch besser und praxistauglicher zu gestalten. Weiter so!
Danke an das Westfalia Team für die zahlreichen Eindrücke.
Hallo Klaus,
was eine tolle Zusammenfassung von dem interessanten Tag in Rheda Wiedenbrück. Das war wirklich ein tolles Treffen. Vielen Dank auch für die tolle Vorstellungsrunde oben.
Viele Grüße und bis hoffentlich bald mal.
Tanja