Dieser Norwegen-Report enthält keine dedizierte Reisebeschreibung sondern vorwiegend einen Blick auf die Veränderungen des Campingurlaubs durch die Allgegenwärtigkeit des Smartphones. Wetter-Apps, GPS-Routenplanung, Schiffstracker und Free-Wifi everywhere haben auch unseren Urlaub gehörig verändert. Und zum geruhsamen Surfen hatten wir das Airsofa im Test.
Nur zu viert brachen wir im Sommer 2016 für drei Wochen nach Skandinavien auf, denn Ronja hatte nach dem Abitur ein zweimonatiges Praktikum in Tschechien zu absolvieren. Bereits in der Planungshase trafen wir uns zwei Wochen vor Reisestart mit unseren Urlaubsfreunden, einer dreiköpfigen Familie mit einem Pössl Roadcruiser. Und hier begann die Anwendung der digitalen Helferlein, die für unseren Urlaub schon fast alltäglich geworden sind.
Wetter-Apps
Für die Kurz- und Lanfristprognose von Temperatur und Niederschlag benutzen wir WeatherPro, eine auf Phones und Tablet installierte Wettervorhersage, die nach weltweitem Ort auf Stundengenauigkeit Sonnendauer, Niederschlag, Temperatur etc. anzeigt. Je langfristiger die Vorhersage umso ungenauer die Wahrscheinlichkeit, das stellen wir bei jeder App fest. Wir wussten also schon in der Planungsphase, dass uns in Norwegen ein Tief erwischt – und haben die Fähre dann trotzdem gebucht (online preis- und streckenoptimiert natürlich). Im Reiseverlauf konkurrierte die Vorhersage WeatherPro dann zunehmend gegen yr.no, ein norwegisches Tool in skandinavischen Sprachen sowie Englisch, denn dort wurden exaktere (und richtigere) Vorhersagen gegeben. Heimvorteil nennt man das wohl. Vor jeder Wanderung, Stellplatzsuche und Routenplanung war also das Wetter ausschlaggebend für Kleidung und Fahrtrichtung. Auf den Nordwesten von Norwegen im Regengrau haben wir somit verzichtet.
Positiv: Wir haben die vermeintlich sonnigsten Stunden für draußen verplant und die Regenzeiten mit Markise oder Drinnen-Events ertragen.
Negativ: Ein Symbol Wolke mit Regen sowie die Regenwahrscheinlichkeit von 25% wurde zu oft überinterpretiert und daher haben wir manche Aktion am Wegesrand leider ausgelassen obwohl das Wetter nicht so schlimm kam wie befürchtet.
Navigation
Schon sehr lange haben wir Papierlandkarten an den Nagel gehängt. Bereits das sechste Navi ist unser Beifahrer (und Steffi, die Stimme aus dem Garmin nüvi, die einzige Frau von der ich mir den Weg erklären lasse) und wir fahren fast nur noch nach Koordinaten. Lokale Staumeldungen sogar für norwegische Landstraßen beherrschen diese 150€ Winzlinge.
Kostenlos verfügbare Openstreet-Maps des jeweiligen Landes lade ich vor Urlaubsbeginn auf mein Garmin Oregon zur Mountainbike-Navigation. Kleinste Pfade lassen sich anzeigen und sogar routen. Am spontan gewählten Stellplatz stelle ich so kurzfristig eine für den Abend passende Rundtour manuell zusammen und kenne vor dem Losfahren schon das zu erwartende Höhenprofil. Neuere Geräte schaffen sogar schon unter Angabe der Rundkurslänge eine automatische Rundkursberechnung.
Inzwischen wird unsere Routenplanung häufiger auf Google Maps (Internetverbindung notwendig!) gestützt. Verkehrsdichte, die aus der Geschwindigkeit der Mobilfunkgeräte von Autofahrern berechnet wird, ergeben metergenaue Hinderniswarnungen. Wo gibt es den nächsten geöffneten Bäckerladen, wann fahrt die nächste Fähre und welche Ausmaße hat laut Sattelitenbild der Stellplatz beantworten uns Google Maps und Streetmaps. Ein WordPress-Plugin von Google Maps benutze ich auch für die Darstellung der Übernachtungspunkte der Reise – für uns um exakt den geografischen Punkt des Erlebnisses zu erhalten, für Euch um ihn ggf. anzusteuern.
MP-Entertainment
MP3s und MP4s als gängigste Formate für Audio und Videos sind auch bei uns angekommen. Die uns begleitende jüngere Generation (Danke Kids, dass Ihr Eurem Vater immer diese Technik erklärt) hat die eigene Musikdatenbank stets dabei, nutzt spotify und lädt sich an jedem Wifi-Zugang die neusten Vidoes zum offline-Genuss für die Autofahrt herunter. Mit Anschluss an das Fahrzeugentertainmentsystem benutzen wir manchmal statt Ohrhörer auch das gemeinsame Hören. Für nächtliche Fahrten stehen (auch für den Fahrer) Kopfhörer für Hörbücher bereit. Trotz viel MPs auf Flashspeichern begleiten uns ca. 60 CD/DVDs im Kastenwagen, die ein Familienmitglied vor Reiseantritt zusammenstellt. Revolverheld mit „Sommer in Schweden“ war diesmal der familiäre Gassenhauer. Die DVDs benutzen wir für Regenabende und schauen sie zu zweit bis siebt auf dem Laptop im Wohnmobil.
e-Paper
Statt sie abzubestellen, hatten wir in diesem Jahr erstmalig unsere WAZ Tageszeitung für die Urlaubszeit auf digital umgestellt. 20MB bis 57MB werden morgens auf das (oder sogar mehrere) Tablet runtergeladen. Nach Hotspotbandbreite dauert das 1 bis 15 Minuten. Es geht natürlich nur dort wo der Platz Internet zur Verfügung stellt, die gängigen EU-Roomingpakete fürs Smartphone sind mit ca 500MB Datenvolumen/Woche leider zu klein. „Gibst Du mir den Sport- oder Lokalteil“ entfällt beim Frühstück, weil sich das e-paper komplett auf einem Endgerät befindet. Also lesen wir nacheinander und unterhalten uns nicht 🙁 . Im nachhinein betrachtet hatte auch die Lokalredaktion der Zeitung Urlaub (nur Sommerloch-Reports), weltpolitische Themen kriege ich auch anders mit und Olympiaergebnisse liefert das Internet schneller als ein e-Paper im Tagesrhytmus. Es ist fraglich ob wir das e-Paper-Abo nochmal wiederholen werden.
Social Medias
An dieser Stelle muss ich mich outen. Ich habe keine Facebook-Freunde und auch keinen Twitter-Account.-( Whats-App für die 1:1-Kommunikation ist OK, aber auch dort sind mir Gruppen zuwider. Die Informationsschlagzahl mit der ich dort bombardiert werde, würde mich zu einen heruntergerichteten Menschen (Smombie, das Kofferwort aus Smartphone und Zombie) machen. Auch Rückmeldungen zu diesen Blog, die mich per email erreichen, werden nicht unmittelbar sondern zeitversetzt beantwortet. Der Antwortqualität ist das zuträglich. Einige Smartphone-Foto-Uploads auf WhatsApp und in die Emails zzgl. Text produzieren wir je Urlaub schon.
Blogbericht quick-and-dirty
Bis dato haben wir im Urlaub fleißig fotografiert, Wissen aufgesaugt und auch Videos gedreht. Erst zu Hause entstanden am PC daraus Blogberichte. Diesmal haben wir einen bebilderten Beitrag mit Smartphone und Tablet erzeugt. Zum Bericht über den Faltkatamaran habe ich den Text mit dem Tablet (ohne Tastatur) formuliert, in WordPress eingebunden und Fotos von einer SD-Karte mit dem Smartphone auf unseren WordPress-Account ins Internet auf revolution4five hochgeladen. Die Beitragsbearbeitung ohne Maus ist gar nicht so easy. Die Internetverbindung lief über das Free-Wifi des Campingplatzes, vom Supermarkt-Hotspot und das EU-Roomingpaket unseres Mobilfunkanbieters. Ärgerlich schmale Bandbreiten haben diese Online-Verbindungen. Das in den Blogbericht eingebundene Video habe ich zwar unterwegs gedreht, aber erst zuhause geschnitten und nach meiner Rückkehr ergänzt. Die Arbeitsplatzbedingungen eines ständig reisenden Bloggers sind gar nicht so rosig wie manchen Hängemattenfotos suggerieren.
Schiffstracking
Neu in unserem App-Portfolio ist MarineTraffic zur Anzeige von Schiffsbezeichnung nach ihrer Geoposition. Diesmal saßen wir am Geirangerfjord-Campingplatz und konnten auf die Minute genau sagen, welches Schiff als nächstes hinter der Felswand hervorkommt. Also hatten wir schon vor dem Erscheinen des riesigen Kreuzfahrtschiffes unsere Kamera im Anschlag.
Akkuschmerz
Die größte Sorge aller Pokemon-Spieler ist der Ladestand des Mobilgerätes. So extrem haben wir das nicht, nennen aber diese Krankheit Akkuschmerz. Aber auf einer 3-Wochenreise ohne 220V-Anschluss (wir kaufen statt Elektrizität am Campingplatz lieber Eis) haben fünf Smartphones, ein Tablet, ein Laptop, zwei GPS-Geräte, zwei Kameras und Smartwatches gewaltig Durst. Drei Powerbanks (=Zusatzakku für Mobilgeräte) wollen zudem aufgeladen werden. Mit vier USB-Steckdosen und einem 220V-Spannungswandler kriegen wir das in den Griff. Wir haben es ja im Revo nachgerüstet. Es gibt bei uns aber ziemlich Kabelsalat und Warteschlangen an der Stromquelle.
Fazit
Erst beim Schreiben dieses Beitrages stelle ich fest welche große Menge an digitalen Helferlein unseren Urlaub begleitet hat (und aus Schreibfaulheit hab ich noch ein paar weggelassen). Ist das schlimm? Oder war früher alles besser?
Es ist dem Erholungswert eines Urlaubs abträglich sich dauernd über Funklöcher, mindere Bandbreite und Akkuschmerz zu ärgern. Für eine Kurfristwetterprognose reicht ein Blick in den Himmel, nicht jeder Social Media Freund ersehnt mein Sonnenuntertangsfoto unmittelbar und ohne e-paper kann auch die Lokalredaktion der Zeitung mal Urlaub machen. Mit Augenmaß die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen ist mein Appell und gleichzeitig das Versprechen an meine Familie (promise: papa is no smombie). Als Vorbildfunktion habe ich wenigstens mein Diensthandy drei Wochen ausgeschaltet. Und dennoch bin ich gespannt auf die technologischen Neuigkeiten, die uns die Cebit 2017 bringt – ingenieursmäßige Neugier sozusagen.
Als gutes Element zur Erholung hatten wir in Norwegen ein saubequemes Sofa dabei. Welche Erfahrung wir mit dem Gentletent Airsofa gesammelt haben, siehst Du hier:
Nachtrag vom 30. August 2016: Unser kritischer Videobericht ist fertig.